Montag, 2. November 2020

"Wenn der Staatsanwalt klingelt" - Der Kommentar

Seit März sind weite Teile der Selbständigen in existentielle Not gestürzt. Viele konnten ihre Dienstleistungen digitalisieren, doch andere konnten ihre Angebote nicht so umgestalten, daß sie an der wirtschaftlichen Erholung teilnehmen und ihre Existenz sichern konnten.

Das betrifft nicht nur Künstler und Messeanbieter und -gestalter, auch Trainer, Coaches und Berater sind in Teilen betroffen. 

Wer verbandlich aktiv ist, der hört von Kollegen, denen ihre Steuerberater mitteilen, daß sie die Coronahilfen nicht nutzen können und andere, die verunsichert sind, aber sich nicht zu helfen wissen als Hilfen zu beantragen. 

In einer solchen Zeit die Betroffenen zu kriminalisieren hilft niemandem. 

Betrüger aufzuspüren ist wichtig und berechtigt, doch insbesondere in der aktuellen Krise zu solchen Mitteln zu greifen ist mehr als nur ein ungünstiges Timing. Es stürzt die unverschuldet Hilfebedürftigen in eine Krise, aus der es für sie kaum mehr einen Ausweg gibt.

Ein geregeltes Prüfverfahren, das auch eine korrigierte Selbstauskunft, Rückzahlungsmöglichkeiten und damit eine Entkriminalisierung ermöglicht, scheint sinnvoll und mehr als notwendig. - Und das zu einem Zeitpunkt, wenn wieder längerfristige Planungen möglich sind. Das Jahr 2020 scheint dafür nicht der richtige Zeitpunkt.

Ein Kommentar von Claudia Grötzebach

Corona-Hilfen: Wenn der Staatsanwalt klingelt

Das erleben immer mehr Empfänger der Corona-Soforthilfe, wie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Selbständigenverbände (BAGSV) informiert.  Damit werden Befürchtungen und Meldungen aus dem Frühjahr für immer mehr Empfänger der Corona-Soforthilfen bittere Realität, über die der T.O.C. e.V. bereits im Mai informierte. 

Immer häufiger staatsanwaltliche Ermittlungen - unverhältnismäßig oder grundlos

Staatsanwälte ermitteln zunehmen gegen Soforthilfe-Empfänger, dabei lassen die Schilderungen Betroffener eher auf Fehler (technische und menschliche) oder Kommunikationsprobleme schließen. Die Folge: Die Ermittlungen wirken unverhältnismäßig und willkürlich.
Informieren Sie sich weiter auf der Seite des Verbandes der Gründer und Selbständigen Deutschland e.V. über den Aufruf und das Interview eines Betroffenen.

Die BAGSV recherchiert

Der Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbstständigenverbände, Dr. Andreas Lutz, recherchiert derzeit und sucht Fallbeispiele Betroffener um Medien und Politik zu informieren und diese Kriminalisierung der Soforthilfe-Empfänger abzustellen. 

Lutz warnt und ruft Betroffene auf, sich zu melden

Lutz bittet um die Weiterleitung der Warnungen und fordert Betroffene auf, sich per E-Mail zu melden. Wichtig dabei sind folgende Informationen, so Lutz:

  • Wo leben Sie?
  • Welcher Tätigkeit (Branche) gehen Sie nach?
  • Kontaktdaten (Name, E-Mail, Telefon, gerne auch Website)
  • Was wird Ihnen vorgeworfen?
  • Was ist tatsächlich geschehen?
  • Welche Maßnahmen wurden Ihnen gegenüber ergriffen? (z.B. polizeiliche Vorladung)
  • Welche Auswirkungen hat das für Sie?
  • Haben Sie mit Ihrer Bank geklärt, ob und warum sie Sie angezeigt hat?
  • Um welche Bank handelt es sich (das hilft mögliche Muster zu erkennen)?
  • Wären Sie zu einem Gespräch mit einem Journalisten (ggf. anonym) bereit?
    Dürfen wir entsprechende Kontakte herstellen?

Medien nehmen bereits die Berichterstattung auf

Über einen ersten Fall berichtete die ARD bereits. Mittlerweile hat das BMWi Handlungsbereitschaft signalisiert, wenn weitere Beispiele geliefert werden können.

Wir danken unserem BDVT e.V.  für die Informationen und leiten sie gerne weiter.

Autor: C.G.